Wegen des Brexit kam Marlon (56) vor einem Jahr von London, der Stadt, in der er einst Zuflucht fand, nach Amsterdam. Aber nach einem Leben von mehr als 14 Jahren in England und drei Jahren in Spanien fühlt er sich hier nun verloren. Mangelnde Betreuung, bürokratische Hindernisse und eine Stadt, die immer weniger Mitgefühl zeigt: Marlons Geschichte ist ein Plädoyer für einen anderen Blick auf die Obdachlosigkeit in den Niederlanden.

Es kämpft jeden Tag um einen Platz zum Schlafen

Seit er nach Amsterdam zurückgekehrt ist, ist Marlon obdachlos. Während er in London noch ein Zuhause hatte, ist sein Leben hier von der Suche nach einem Schlafplatz und dem täglichen Kampf um Sicherheit und Ruhe bestimmt. Seine durch Diabetes und Neuropathie geschwächte Gesundheit macht diesen Kampf nur noch schwieriger. „Die Kälte ist nicht nur körperlich schmerzhaft, sie macht alles noch schwieriger. Ich habe Diabetes mit Neuropathie - meine Beine werden durch die Kälte schnell geschädigt. Es gibt wenig Schlaf, weil man ständig auf der Hut sein muss. Die Leute versuchen, deine Sachen zu stehlen. Deshalb beginne ich meinen Tag morgens oft erschöpft.

Er kämpft jeden Tag um einen Platz zum Schlafen.
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Eine Routine des Überlebens

Seine Tage verlaufen in einer festen, beklemmenden Routine. Er läuft herum, sucht einen Platz zum Waschen der Kleidung und wartet dann auf die Öffnung der Tagesstätte Blaka Watra - einer der wenigen Orte, an denen er sich aufwärmen kann. Gegen Mittag kann er dort ankommen und bleiben, bis die Unterkunft um 16:30 Uhr geschlossen wird. Dann geht es wieder von vorne los: einen Platz zum Schlafen finden. „Es ist schwer, wenn die Gesundheit nicht mitspielt und man jede Nacht unsicher ist, wo man schlafen kann. Ich will nicht mehr, aber die Stadt scheint auch nichts für mich zu sein. „Ich stehe auf so vielen Listen, aber es ändert sich nichts“, sagt Marlon. Er steht auf zahlreichen Wartelisten, von medizinischer Versorgung über Tagesbetreuung bis hin zu einem kleinen Haus in Amsterdam-West. Doch die Zeit verrinnt langsam, während seine Situation unverändert bleibt. Seine medizinischen Symptome verschlimmern sich, aber es dauert oft Monate, bis ein Termin frei wird. „Ich stehe auf der Warteliste für alles: medizinische Hilfe für meinen Diabetes, eine Wohnung, eine Kindertagesstätte. Aber es fühlt sich an, als ob ich gegen Wände stoße. Manchmal frage ich mich, ob ich jemals aus dieser Situation herauskommen werde.“

Amsterdam - eine Stadt im Umbruch

Die Stadt, die er einst kannte, scheint verschwunden zu sein. Marlon erzählt, wie Amsterdam seit seiner Kindheit immer unzugänglicher geworden ist, vor allem für Menschen, die es schwer haben. Er sieht, wie das Leben auf der Straße düsterer und die Menschen gleichgültiger geworden sind. „Früher, in den 1990er Jahren, sah es so aus, als würden sich die Menschen hier noch wirklich sehen. Jetzt gehen alle schnell aneinander vorbei, niemand scheint mehr auf den anderen zu achten. Obdachlose? Sie sind in ihren Augen unsichtbar. Alles wirkt härter, kälter. Und das Problem der Obdachlosigkeit scheint von Tag zu Tag schlimmer zu werden.

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Die Essenz eines Hauses - eine Erinnerung an London

Marlon denkt wehmütig an sein kleines Haus in London zurück, wo er einen Garten hatte und sein Hab und Gut sicher war. Hier in Amsterdam hat er das Gefühl, dass ihm diese menschliche Basis verwehrt wird. „In London hatte ich ein Haus, klein, aber meins. Hier geht es jeden Tag ums Überleben, um die Suche nach einem Platz zum Schlafen. Ohne einen Rückzugsort ist man ständig auf der Hut. Es ist, als würde ich nirgendwo richtig hingehören.“

Ein Plädoyer für menschliche Beziehungen

Marlon fordert die Menschen auf, sich mit der Geschichte der Obdachlosigkeit zu befassen. Er stellt fest, dass Passanten oft urteilen, ohne zu verstehen. Es ist leicht zu glauben, dass Menschen auf der Straße „nur arbeiten müssen“, aber die Realität ist selten so einfach. Selbst wenn Menschen Lebensmittel spenden wollen, ist das eine Geste, die nicht immer gut ausgeht. „Ich weiß es zu schätzen, dass die Leute etwas geben wollen, aber es ist nicht immer leicht, es anzunehmen. Ich kann zum Beispiel wegen meiner Diabetes kein Hähnchen essen, weil es Konservierungsstoffe enthält, und das kommt oft vor. Die Menschen wissen oft nicht, welche Geschichte hinter einem Obdachlosen steckt, und ein kleiner Gedanke kann einen großen Unterschied machen.

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Containerwohnungen - eine Alternative zur Obdachlosigkeit?

In seinen Gesprächen mit anderen Obdachlosen und Freiwilligen stieß Marlon auf eine Idee, die ihn inspirierte: Containerhäuser, wie sie in Rotterdam stehen. Er hält sie für eine billige und praktikable Lösung für Menschen, die wie er auf der Suche nach einem sicheren Ort zum Leben sind. „Wir sind ein reiches Land. Hier sollte niemand auf der Straße schlafen müssen. Containerwohnungen wie in Rotterdam, das ist doch eine Lösung, oder? Viele von uns würden gerne arbeiten und ihren Beitrag leisten, aber ohne ein Dach über dem Kopf kann man nicht in die Gesellschaft zurückkehren.“ Für Marlon ist klar, dass sich etwas ändern muss, sowohl in der Politik als auch in der Einstellung der Menschen gegenüber den Obdachlosen. Seine Geschichte ist ein Aufruf an die Stadt, ihre Bewohner und politischen Entscheidungsträger, einander mit mehr Mitgefühl zu begegnen und wirklich etwas gegen das wachsende Problem der Obdachlosigkeit in Amsterdam zu unternehmen.

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